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Osteotomie: Knochenkorrektur in Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirurgie – Fokus Kniegelenk und Osteosynthese

Eine Osteotomie ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem ein Knochen gezielt durchtrennt wird. Ziel ist es, Fehlstellungen zu korrigieren, Schmerzen zu lindern und die Funktion von Gelenken, wie dem Kniegelenk, zu verbessern oder wiederherzustellen. Dieses Operationsverfahren ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Orthopädie und Unfallchirurgie. Dieser Artikel erklärt, was eine Osteotomie ist, wann sie angewendet wird und was Patienten darüber wissen sollten – einschließlich wichtiger Überlegungen zur finanziellen Absicherung.

Dr. med. Özcan Güler
Dr. med. Özcan Güler
  • Ich bin Gründer und ärztlicher Leiter einer Klinik für ästhetische Chirurgie in Dortmund, Facharzt für Chirurgie mit den Tätigkeitsschwerpunkten ästhetische und plastische Operationen.

Was ist eine Osteotomie? (Definition)

Der Begriff Osteotomie leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet wörtlich „Knochenschnitt“ (osteon = Knochen, tome = Schnitt). Es handelt sich um ein operatives Verfahren, bei dem ein Chirurg einen oder mehrere Knochen gezielt durchtrennt. Dies kann notwendig sein, um die Achse eines Knochens zu verändern, einen Knochen zu verlängern oder zu verkürzen, eine Fehlstellung zu korrigieren oder die Belastungsverhältnisse in einem Gelenk zu optimieren. Die Stabilisierung der Knochenfragmente in der neuen Position erfolgt meist durch eine Osteosynthese. Die Osteosynthese bezeichnet dabei das operative Zusammenfügen von Knochenteilen.

Ziele einer Osteotomie
Die Hauptziele einer Osteotomie sind vielfältig und hängen von der spezifischen Indikation ab:

  • Schmerzlinderung: Besonders bei Gelenkarthrose (Gelenk-Verschleiß) durch Entlastung geschädigter Gelenkanteile.
  • Korrektur von Fehlstellungen: Angeborene oder erworbene Deformitäten (z.B. O-Beine/Genu varum, X-Beine/Genu valgum) der Beinachsen können korrigiert werden.
  • Funktionsverbesserung: Wiederherstellung oder Verbesserung der Beweglichkeit und Stabilität eines Gelenks.
  • Verlangsamung des Krankheitsverlaufs: Bei Arthrose kann eine Osteotomie das Fortschreiten der Erkrankung hinauszögern und so der Zeitpunkt für einen Gelenkersatz in vielen Fällen vermieden oder zumindest aufgeschoben werden.
  • Ästhetische Korrekturen: Insbesondere im Kieferbereich zur Verbesserung von Biss und Gesichtsprofil.

Wann ist eine Osteotomie sinnvoll? (Indikationen)

Eine Osteotomie kommt dann in Betracht, wenn konservative Behandlungsmethoden aus der Orthopädie (wie Physiotherapie, Medikamente, orthopädische Hilfsmittel) keine ausreichende Besserung mehr bringen. Typische Indikationen sind:

  • Arthrose (Gelenk-Verschleiß), insbesondere in frühen bis mittleren Stadien bei jüngeren, aktiven Patienten.
  • Achsfehlstellungen der Extremitäten (z.B. Genu varum/O-Bein, Genu valgum/X-Bein).
  • Hüftdysplasie (Fehlanlage der Hüftgelenkpfanne).
  • Folgen von Knochenbrüchen (Fraktur) mit Fehlheilung und resultierenden Knochenfehlstellungen.
  • Wachstumsstörungen.
  • Bestimmte Fußdeformitäten (z.B. Hallux valgusfehlstellung am Großzehengrundgelenks, Ballenzeh).
  • Kieferfehlstellungen und Bisslagenanomalien.
Häufige Anwendungsgebiete der Osteotomien
Osteotomien, oft als Korrekturosteotomien bezeichnet, können an vielen Knochen des Körpers durchgeführt werden. Zu den häufigsten Bereichen gehören:

  • Kniegelenk: Oft als Umstellungsosteotomie (z.B. hohe Tibiaosteotomie, HTO) bei einseitiger Kniearthrose oder Achsfehlstellung am Schienbein (Tibia). Ziel ist es, die Belastungslinie der Beinachse so zu verändern, dass der gesündere Teil des Gelenksmehr Gewicht trägt, der geschädigte Bereich mit abgenutztem Knorpelentlastet und so auch der Meniskus geschont wird. Dies ist ein Standardverfahren bei O-Beinen.
  • Hüftgelenk: Bei Hüftdysplasie oder bestimmten Formen der Hüftarthrose kann eine Beckenosteotomie (z.B. Triple-Osteotomie am Beckenknochen) oder eine femurale Osteotomie die Funktion der Hüftpfanne und der gesamten Gelenkfläche verbessern. Die Gelenkpfanne wird dabei oft neu positioniert.
  • Kiefer: Kieferorthopädische Operationen (orthognathe Chirurgie) nutzen Osteotomien, um Fehlstellungen des Ober- oder Unterkiefers zu korrigieren, den Biss zu verbessern und das Gesichtsprofil zu harmonisieren.
  • Weitere Bereiche: Osteotomien werden auch am Fuß (z.B. zur Korrektur eines Hallux valgus, einer Valgusfehlstellung der Großzehebzw. des Ballenzehs, oft am ersten Mittelfußknochen oder Mittelfußknochens), an der Schulter, am Ellenbogen, am Sprungbeinoder anderen Fußgelenken durchgeführt. Eine Korrekturosteotomiekann auch am Innenknöchel nötig sein.

Der Ablauf einer Osteotomie-Operation

Der genaue Ablauf variiert je nach Art und Ort der Osteotomie. Der Orthopäde oder zuständige Chirurg plant den Eingriff präzise. Grundsätzlich umfasst der Prozess folgende Schritte:

  1. Vorbereitung und Planung:
    • Genaue Diagnostik mittels Röntgenbildern, oft auch CT oder MRT, um die Fehlstellung exakt zu erfassen.
    • Präzise Planung des Schnitts und des Ausmaßes der Korrektur, häufig computergestützt.
    • Aufklärungsgespräch über den Eingriff, Risiken und den postoperativen Verlauf.
  2. Der chirurgische Eingriff:
    • Die Operation erfolgt meist in Vollnarkose oder Regionalanästhesie.
    • Der Chirurg legt den zu operierenden Knochen über einen Hautschnitt frei.
    • Mit speziellen Instrumenten (Sägen, Meißel) wird der Knochen gezielt durchtrennt. Je nach Ziel kann ein Knochenkeil entfernt(Closing-Wedge-Osteotomie) oder ein Spalt erzeugt und ein Keil(ggf. mit Knochenmaterial) eingesetzt werden (Opening-Wedge-Osteotomie).
  3. Fixierung des Knochens (Osteosynthese):
    • Nach der Neuausrichtung werden die durchtrennten Knochenteilebzw. Knochenfragmente stabilisiert. Diese Osteosynthese erfolgt meist mit Platten und Schrauben (Plattenosteosynthese), Drähten (Drahtcerclage) oder speziellen Nägeln, um die Knochen in der gewünschten Position zu fixieren. In seltenen Fällen kommt auch ein Fixateur externe zum Einsatz.

Nach der Osteotomie: Heilung und Rehabilitation

Der Osteotomie folgt eine Heilungsphase, deren Dauer individuell ist und vom operierten Knochen, dem Ausmaß des Eingriffs und patientenspezifischen Faktoren wie z.B. einer vorliegenden Osteoporose abhängt. Sie beträgt in der Regel mehrere Wochen bis Monate.

  • Krankenhausaufenthalt: Einige Tage bis zu einer Woche.
  • Teilbelastung/Entlastung: Oft ist für einige Wochen eine Teilbelastung oder vollständige Entlastung des operierten Bereichs notwendig.
  • Physiotherapie: Ein wichtiger Bestandteil der Rehabilitation zur Wiederherstellung von Beweglichkeit, Kraft und Koordination, auch um einer Schwellung oder Entzündung entgegenzuwirken.
  • Entfernung des Osteosynthesematerials: Manchmal müssen die Platten und Schrauben in einer weiteren, kleineren Operation nach vollständiger Knochenheilung entfernt werden.
Vorteile einer Osteotomie

  • Erhalt des eigenen Gelenks.
  • Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung, Normalisierung der Belastung.
  • Verzögerung oder Vermeidung eines künstlichen Gelenkersatzes.
  • Korrektur von Deformitäten und Fehlbelastung.
  • Sportliche Aktivität ist oft wieder möglich.

Mögliche Risiken und Komplikationen des operativen Eingriffs

Wie jeder operative Eingriff birgt auch eine Osteotomie Risiken:

  • Allgemeine Operationsrisiken (Infektionen, Wundheilungsstörungen, Thrombose, Embolie, Entzündung, Schwellung).
  • Verletzung von Nerven oder Blutgefäßen.
  • Verzögerte Knochenheilung oder Ausbleiben der Heilung (Pseudarthrose).
  • Knochenfehlstellungen durch nicht optimale Korrektur (Über- oder Unterkorrektur).
  • Materialversagen, -lockerung oder eine neue Fraktur am Material oder Knochen.
  • Anhaltende Schmerzen.
  • Notwendigkeit von Folgeoperationen (ggf. erneute Korrekturosteotomie).

Fragen und Antworten zur Osteotomie

Was genau passiert bei einer Osteotomie?
Bei einer Osteotomie wird ein Knochen chirurgisch durchtrennt, um seine Form, Länge oder Ausrichtung zu verändern. Dies dient der Korrektur von Fehlstellungen, der Entlastung von Gelenkanteilen oder der Verbesserung der Gelenkfunktion.
Bei welchen Beschwerden ist eine Osteotomie sinnvoll?
Sinnvoll ist sie oft bei Arthrose (Verschleiß) in frühen Stadien, Achsfehlstellungen (z.B. O-Beinen), Hüftdysplasie (unzureichende Überdachung der Hüftpfanne), Kieferfehlstellungen oder nach fehlverheilten Knochenbrüchen, wenn konservative Therapien nicht ausreichen.
Wie lange dauert die Heilung nach einer Osteotomie?
Die Knochenheilung dauert meist 6-12 Wochen, die vollständige Rehabilitation und Wiedererlangung der vollen Belastbarkeit kann jedoch mehrere Monate in Anspruch nehmen. Manchmal kann der Eingriff auch ambulant erfolgen, dies ist aber seltener.
Ist eine Osteotomie schmerzhaft?
Direkt nach der Operation sind Schmerzen normal, diese werden aber mit Schmerzmitteln gut behandelt. Während der Heilungsphase können ebenfalls Beschwerden auftreten, die sich aber im Laufe der Zeit bessern.
Welche Risiken birgt eine Osteotomie?
Zu den Risiken zählen Infektionen, Wundheilungsstörungen, Nerven- oder Gefäßverletzungen, verzögerte Knochenheilung, Thrombosen und die Möglichkeit einer nicht optimalen Korrektur oder anhaltender Schmerzen. Auch eine Entzündung im Bereich der Röhrenknochen ist möglich.