Psychotherapie: Verständnis, Verfahren und wann sie bei einer seelisch bedingten Erkrankung helfen kann
Psychotherapie ist ein Begriff, der oft gehört wird, doch was genau verbirgt sich dahinter und wann kann sie eine wertvolle Unterstützung bei einer seelisch bedingten Erkrankung sein? Dieser Beitrag erklärt die Grundlagen der Psychotherapie, ihre Ziele, Anwendungsbereiche und gibt einen Überblick über gängige Therapieverfahren – auch im Kontext von medizinischen oder ästhetischen Eingriffen und der damit verbundenen Absicherung durch einen Psychotherapeut oder eine Psychotherapeutinin einer Praxis.
- Was ist Psychotherapie?
- Ziele der Psychotherapie
- Wann ist eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll?
- Formen der Psychotherapie (Überblick der Therapieverfahren)
- Wer führt Psychotherapie durch?
- Ablauf einer ambulanten Psychotherapie:
- Nutzen und Wirksamkeit der psychotherapeutischen Behandlung
- Häufige Fragen (FAQ) zur ambulanten und stationären Psychotherapie
Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie: ist die gezielte professionelle Behandlung von psychischen Störungen, emotionalen Problemen und Leidenszuständen – oft als krankheitswertige Störung diagnostiziert – mithilfe wissenschaftlich anerkannter psychologischer Verfahren und Methoden.
Im Kern steht meist das Gespräch zwischen Therapeut (einem der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten) und Patient bzw. Patientin (oder einer Gruppe in der Gruppenpsychotherapie). Ziel ist es, seelisch bedingtes Leid zu lindern oder zu heilen, destruktive Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern, sowie die persönliche Entwicklung, das Selbstverständnis und die psychische Gesundheit des Klienten zu fördern. Eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung ist dabei ein wesentlicher Wirkfaktor für die anschließende Psychotherapie.
- Linderung oder Beseitigung von Symptomen (z.B. Ängste, depressive Verstimmungen, Zwänge) – oft als Symptomreduktion bezeichnet.
- Veränderung problematischer Verhaltens- und Denkmuster
- Verbesserung der Fähigkeit zur Problembewältigung und Konfliktlösung, auch in einer akuten Krise
- Stärkung des Selbstwertgefühls und Selbstvertrauens
- Aufarbeitung und Bewältigung belastender Lebensereignisse oder Traumata (z.B. mittels spezifischer Intervention wie EMDR)
- Verbesserung der Beziehungsfähigkeit und sozialen Kompetenzen
- Förderung von Selbstwahrnehmung und persönlichem Wachstum
- Steigerung der allgemeinen Lebensqualität und des Wohlbefindens
Wann ist eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll? (Indikationen bei Erkrankung)
Eine psychotherapeutische Behandlung kann bei einer Vielzahl von psychischen Beschwerden und Störungsbildern hilfreich sein. Dazu gehören unter anderem:
- Depressionen und Burnout-Syndrome
- Angststörungen (z.B. Panikattacken, Phobien, soziale Ängste)
- Zwangsstörungen
- Essstörungen (z.B. Anorexie, Bulimie, Binge-Eating)
- Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
- Anpassungsstörungen nach belastenden Lebensereignissen
- Persönlichkeitsstörungen
- Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen (oft begleitend zur ärztlichgeleiteten Behandlung)
- Schlafstörungen
- Psychosomatische Beschwerden (körperliche Beschwerden mit psychischer Ursache)
Psychotherapie im Kontext medizinischer und ästhetischer Eingriffe und Krise
Auch im Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen oder medizinischen Behandlungen, einschließlich ästhetischer Eingriffe, kann Psychotherapie eine wichtige Rolle spielen. Mögliche Anlässe sind:
- Umgang mit einer schweren Diagnose
- Bewältigung von chronischen Schmerzen
- Verarbeitung von Operationsfolgen oder Komplikationen, die eine Krise auslösen
- Ängste vor oder nach einem Eingriff
- Unzufriedenheit mit dem Ergebnis einer Behandlung
- Anpassung an körperliche Veränderungen
- Vorliegen einer Körperdysmorphen Störung (KDS), bei der eine übermäßige Beschäftigung mit vermeintlichen Makeln des eigenen Körpers besteht.
Gerade wenn durch einen medizinischen oder ästhetischen Eingriff psychische Belastungen entstehen oder verstärkt werden, kann eine psychotherapeutische Begleitung helfen, diese zu bewältigen und das Wohlbefinden wiederherzustellen. Manchmal ist eine Akut behandlung notwendig.
- Verhaltenstherapie (VT): Geht davon aus, dass problematisches Verhalten und Erleben erlernt wurde und auch wieder verlernt bzw. durch neue, hilfreichere Muster ersetzt werden kann. Sie ist sehr handlungs- und Gegenwarts-orientiert. Verhaltenstherapeutischen Methoden sind vielfältig.
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Basiert auf psychoanalytischen Theorien (psychoanalytisch begründete Verfahren), konzentriert sich aber stärker auf aktuelle Konflikte und deren unbewusste Wurzeln in der Lebensgeschichte. Hierzu zählt auch die Psychodynamische Psychotherapie.
- Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse): Zielt auf eine umfassende Bearbeitung unbewusster Konflikte und Persönlichkeitsanteile ab, oft in einem längerfristigen Prozess als Langzeittherapie.
- Systemische Therapie: Betrachtet Probleme nicht isoliert bei einer Person, sondern im Kontext ihrer sozialen Beziehungen (z.B. Familie, Partnerschaft). Dieses Psychotherapieverfahrens wird oft bei familiären Problemen eingesetzt.
Die Wahl des Verfahrens – ob Kurz- oder Langzeittherapie – hängt von der Art der Erkrankung, den Zielen und den Präferenzen des Patienten ab. Die psychotherapeutischen Verfahren und Methoden sind im Psychotherapeutengesetz genauer definiert.
Wer führt Psychotherapie durch? (Qualifikation für ärztlich geleitete oder psychologische Psychotherapie)
Psychotherapie im Sinne der Heilkunde darf in Deutschland nur von approbierten Therapeuten durchgeführt werden. Der Beruf der Psychotherapeutin oder des Psychotherapeuten erfordert eine umfassende Ausbildung, oft beginnend mit einem Bachelorstudium und anschließendem Masterstudium in Psychologie:
- Psychologische Psychotherapeuten: Haben ein Psychologiestudium und eine anschließende mehrjährige Psychotherapie-Ausbildung absolviert und die Approbation erworben. Sie arbeiten in eigener Praxis oder angestellt.
- Ärztliche Psychotherapeuten: Sind Ärzte mit einer entsprechenden psychotherapeutischen Weiterbildung (z.B. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie oder Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie). Sie können auch eine ärztlich geleitete medikamentöse Behandlung anbieten.
- Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten: Spezialisiert auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen bis 21 Jahre.
Psychotherapeutinnen und andere Therapeuten mit Kassenzulassung können direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Heilpraktiker für Psychotherapie haben eine eingeschränkte Heilerlaubnis.
Entscheiden sich beide für eine Zusammenarbeit, wird ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt (mittels Formular), um die Kostenübernahme für die psychotherapeutische Behandlung zu beantragen. Manchmal ist ein Konsiliarbericht vom Hausarzt oder ein Bericht an den Gutachter erforderlich. Die Therapie selbst, oft eine Einzelbehandlung, findet dann regelmäßig (meist wöchentlich) statt, wobei eine Therapieeinheit in der Regel 50 Minuten dauert. Das verfügbare Kontingent an Therapieeinheiten (für Kurz- und Langzeittherapien) wird von der Kasse genehmigt. Die Grundversorgung soll so sichergestellt werden.
Nutzen und Wirksamkeit der psychotherapeutischen Behandlung
Die Wirksamkeit von Psychotherapie ist für viele Störungsbilder wissenschaftlich gut belegt. Die psychotherapeutische Behandlung kann maßgeblich zur Linderung von seelisch bedingtem Leid, zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Wiederherstellung der Arbeits- und Beziehungsfähigkeit beitragen. Ein offener Umgang mit den eigenen Problemen und die Bereitschaft zur Veränderung im Rahmen der psychotherapeutischen Sitzungen sind wichtige Voraussetzungen für den Therapieerfolg. Sich professionelle Hilfe bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu suchen, ist ein Zeichen von Stärke und Selbstfürsorge.
Häufige Fragen (FAQ) zur ambulanten und stationären Psychotherapie
Psychotherapeut: (Psychologischer oder Ärztlicher) Hat nach einem Psychologie- oder Medizinstudium eine mehrjährige Weiterbildung in einem anerkannten Psychotherapieverfahren absolviert und die staatliche Zulassung (Approbation) zur Ausübung der Heilkunde im Bereich Psychotherapie“.
Psychiater: Ist ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er hat Medizin studiert und eine Facharztausbildung abgeschlossen. Psychiater diagnostizieren und behandeln psychische Erkrankungen, können Medikamente verschreiben und führen ebenfalls Psychotherapien durch.